Risikofaktoren und Kontraindikationen bei Zahnimplantaten

Um fehlende Zähne sowohl ästhetisch als auch funktionell zu ersetzen, ist die Implantologie heute das Mittel der Wahl. Künstliche Zahnwurzeln schützen den Kiefer vor Fehlbelastungen und beugen dem Abbau des Kieferknochens sowie einem Knochenschwund vor. Und: Im Gegensatz zu Brücken bleibt bei Implantaten die Zahnsubstanz der übrigen Zähne vollständig erhalten.

Sie möchten mehr über dieses Thema erfahren? Lesen Sie unsere Artikel Implantologie, verständlich erklärt sowie Zahnersatz, verständlich erklärt. Dort gehen wir im Detail auf die wichtigsten Aspekte ein.

Es spricht viel für ein Zahnimplantat – dennoch möchten wir in diesem Artikel Risikofaktoren und Kontraindikationen bei einer Implantation aufzeigen und gleichzeitig mit einigen Mythen aufräumen. Denn heutzutage gibt es wenig Gründe, definitiv auf ein Implantat verzichten zu müssen.

Was sind Risikofaktoren bzw. Kontraindikationen?

Unter Risikofaktoren bzw. Kontraindikationen für Implantate versteht man Bedingungen wie Vorerkrankungen oder die Einnahme bestimmter Medikamente, bei denen eine Implantation mit einem erhöhtem Risiko für Misserfolg oder Komplikationen verbunden ist.

Aber keine Sorge: In den meisten Situationen kann man mithilfe durchdachter Vorbereitung und Planung trotzdem sehr gute, sichere und langfristige Ergebnisse mit Implantaten erzielen.

Sie haben kürzlich ein Implantat eingesetzt bekommen? Schauen Sie mal in diesen Beitrag rein: Das richtige Verhalten nach einer Zahnoperation. Dort finden Sie zahlreiche Tipps, wie Sie den Heilungsprozess unterstützen können. Und wie Sie Ihr neues Zahnimplantat richtig reinigen, lesen Sie hier: Zahnimplantat reinigen: So geht’s.

Nachfolgend gehen wir auf die häufigsten Risikofaktoren und Kontraindikationen für ein Zahnimplantat ein. Alle Angaben sind ohne Gewähr.

Inhaltsverzeichnis:

Risikofaktor Parodontitis

Eine Parodontitis bleibt häufig lange unentdeckt. Sie wissen bislang nur wenig über diese hinterlistige Krankheit? Dann lesen Sie am besten jetzt unseren ausführlichen Beitrag Parodontitis, verständlich erklärt.

Hat der Zahnarzt eine Parodontitis diagnostiziert, ist das noch kein Grund, auf ein Implantat zu verzichten. Allerdings sollte zuerst die Parodontitis behandelt werden, bevor das Zahnimplantat eingesetzt wird. Eine behandelte Parodontitis ist kein (oder ein minimaler) Risikofaktor für ein Zahnimplantat. Eine unbehandelte aber schon: hier ist das Risiko für Periimplantitis, ein entzündlicher Prozess um das Implantat, erhöht, wodurch sich die Lebensdauer des Implantates reduzieren kann.

Kurz: Wird bzw. wurde eine Parodontitisbehandlung (Reinigung der Zahnfleischtaschen) mit anschließender Nachsorge (regelmäßige Kontrolle und Reinigung) durchgeführt, besteht kein besonderes Risiko mehr. Sprechen Sie in jedem Fall mit Ihrem Zahnarzt, um Ihre individuelle Situation zu klären.

Risikofaktor Rauchen

Sie rauchen? Das muss nicht heißen, dass Ihre Zähne darunter leiden. Lesen Sie hierzu unseren Artikel Zahnpflege für Raucher: So bleiben Ihre Zähne trotz Zigaretten gesund

. Hinsichtlich Rauchen und Zahnimplantaten sollte eine Einstufung je nach Tabakkonsum erfolgen. Denn: auch für Raucher stellen Implantate eine gute Lösung dar. Der Mythos, dass Implantate grundsätzlich nicht für Raucher geeignet sind, stimmt nicht.

< 10 Zigaretten/Tag: unproblematisch
10 bis 20 Zigaretten/Tag: eher unproblematisch
> 20 Zigaretten/Tag: leicht erhöhtes Risiko, 40 Prozent weniger Durchblutung am Zahnfleisch

Bei Rauchern liegt in der Regel eine leicht reduzierte Wundheilung vor. Das Risiko für das Auftreten einer Periimplantitis ist bei Rauchern leicht erhöht. Das bedeutet nicht, dass Sie auf ein Implantat verzichten müssen, sondern dass die Wundheilung unter Umständen zwei bis drei Tage länger dauert. Sie sollten, wenn möglich, zwei Tage vor der Implantation und bis zum siebten Tag nach der Implantation nicht rauchen. Noch besser wäre es, ganz auf das Rauchen zu verzichten, da sich dadurch nicht nur die Wundheilung verbessert, sondern auch das langfristige Risiko für Komplikationen wie Periimplantitis weiter reduziert.

Zahnimplantate stellen bei korrekter individueller Planung und regelmäßiger Nachsorge auch bei starken Rauchern eine langzeitstabile Lösung dar. Gute Reinigung und regelmäßige Kontrollen sichern den langfristigen Erfolg einer Implantatversorgung, weshalb wir Ihnen mindestens zweimal, oft sogar viermal jährlich eine professionelle Zahnreinigung (PZR) empfehlen.

Risikofaktor Blutverdünner

Wenn Sie regelmäßig Blutverdünner einnehmen, kann das das Risiko von Komplikationen beim Setzen eines Implantats erhöhen. Erwähnen Sie deshalb im Gespräch mit Ihrem Zahnarzt, dass Sie diese Medikamente einnehmen.

Cave: Besprechen Sie eine Änderung Ihrer Medikation immer mit Ihrem Arzt oder Zahnarzt. Niemals führen Sie Änderungen ohne Absprache selbst durch. Hier aufgelistet sind allgemeine Empfehlungen, welche in Ihrem individuellen Fall nicht zutreffen müssen.

Diese Medikamente zählen unter anderem zu den Blutverdünnern:

Acetylsalicylsäure (ASS 100 mg bis 300 mg): Das bekannteste Beispiel ist Aspirin®. Bei kleineren oralchirurgischen Eingriffen wie dem einfachen Setzen eines Implantats besteht kein erhöhtes Risiko, wenn Sie Acetylsalicylsäure einnehmen; ein Absetzen ist vor dem Eingriff daher nicht notwendig. Teilen Sie Ihrem Zahnarzt bitte trotzdem mit, dass Sie Acetylsalicylsäure einnehmen.

Bei größeren oralchirurgischen Eingriffen wie einem komplexen Knochenaufbau ist ein vorläufiges Absetzen zu klären. Sprechen Sie auch hier mit Ihrem Zahnarzt.

Neue orale Antikoagulantien (NOAK): Hierzu gehören Dabigatran (Pradaxa®), Apixaban (Eliquis®), Edoxaban (Lixana®) sowie Rivaroxaban (Xarelto®). Allgemein wird empfohlen, chirurgische Interventionen, soweit möglich, erst 24 Stunden nach der letzten Einnahme des Präparats vorzunehmen. Bedeutet: am Tag vor der Implantation sollten Sie das Medikament absetzen. Ein Absetzen wird im Vorhinein mit Ihrem behandelnden Arzt besprochen. Wenn ein Pausieren der NOAK nicht vertretbar erscheint, können kleine chirurgische Eingriffe 12 bis 18 Stunden nach der letzten Einnahme erfolgen.

Phenprocoumon (Marcumar, Falithrom): Für kleinere chirurgische Eingriffe ist ein INR-Wert von 2,0 bis 3,5 ausreichend. Für umfangreiche Operationen ist eine vorübergehende Einstellung des INR-Wertes von 1,6 bis 1,9 möglich. Der INR-Wert ist immer präoperativ (24 bis 48 Stunden vor OP) von Ihrem Arzt zu bestimmen; welcher INR-Wert nötig ist, wird bei einem Beratungsgespräch mit dem Chirurgen festgestellt. Früher wurde der Quick-Wert verwendet. Der Quick-Wert sollte nicht unter 25 bis 30 Prozent liegen.

Clopidogrel (Iscover®, Plavix®): Die Einnahme kann bei kleineren oralchirurgischen Eingriffen weitergeführt werden. Ggf. ist ein Absetzen oder Umstellen auf Heparin notwendig. Dieses Absetzen oder Umstellen erfolgt nach Rücksprache mit Ihrem Arzt.

Es besteht grundsätzlich keine Kontraindikation für Implantate bei der Einnahme von Blutverdünnern. Allerdings sind die oben aufgelisteten Punkte zu beachten und sollten mit ihrem behandelnden Arzt und Zahnarzt besprochen werden.

Das Risiko für Blutungen kann durch das Beachten der oben aufgelisteten Hinweise sehr gering gehalten werden. Wichtig ist eine ordentliche Blutstillung nach dem operativen Eingriff. Außerdem sollte der Eingriff nicht an einem Freitag erfolgen, weil bei möglichen Komplikationen keine Nachsorge erfolgen kann.

Zusammengefasst:

  • Blutverdünner stellen keine Kontraindikation dar. Sie bedürfen lediglich einer vorherigen, gründlichen Abklärung.

  • Wichtig: da es immer zu einer Nachblutung kommen kann, sollten zusätzliche Schutzmaßnahmen ergriffen werden, etwa zusätzliche Nähte oder eine Wundplatte, welche im Vorhinein geplant und angefertigt wird.

  • Da Nachblutungen in der Regel in den ersten zwei Tagen nach der OP auftreten, werden als weitere Vorsichtsmaßnahme die chirurgischen Eingriffe von Montag bis Mittwoch durchgeführt, um bei Nachblutungen auch für Sie da zu sein.

Risikofaktor Diabetes

Bei Diabetes sollte man zwischen dem gut eingestellten und nicht eingestellten Diabetes unterscheiden.

Beim gut eingestellten Diabetiker mit einem HbA1c-Wert zwischen 6,1 und 8 Prozent gibt es kaum Komplikationen.

Beim schlecht eingestellten Diabetiker mit einem HbA1c-Wert über 10 Prozent kommt es zu einer verzögerten Osseointegration, weshalb sich die Einheilzeit um ein bis zwei Monate verlängert. Die Indikation für eine Früh- und Sofortbelastung sollte sehr kritisch gestellt werden. Außerdem ist das Auftreten von periimplantären Entzündungen vergünstigt. Dennoch steht einer Implantation nichts im Wege. Optimal wäre, wenn möglich, eine Einstellung des HbA1c-Wertes.

Wichtig sind die Nahrungsaufnahme und die Kontrolle des Blutzuckerspiegels vor der Operation. Zur Sicherheit ist es sinnvoll, Traubenzucker o. Ä. mitzuführen, falls der Blutzucker zu sehr sinken sollte.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Risikofaktor Osteoporose und Bisphosphonate/Denosumab

Grunderkrankung Risiko für Komplikationen bei
Implantaten
Primäre Osteoporose niedrig
Sekundäre
(therapieinduzierte/medikamenteninduzierte)
Osteoporose
mittel

Eingenommenes Präparat, Intervall und Applikationsart

Bisphosphonate:
a) Präparat
- Non-Amino-Bisphosphonat (z. B. Clodronat, Tiludronat, Etidronat) (niedrig)
- Amino-Bisphosphonat (z. B. Zolendronat, Ibandronat, Alendronat, Pamidronat, Risedronat) (hoch)

b) Applikationsart
- oral (niedrig)
- i.v. alle 12 Monate (niedrig)
- i.v. alle 6 Monate (mittel)
- i.v. alle 4 Wochen (hoch)

Denosumab: - s.c. 60 mg ca. alle 6 Monate (Prolia®) (niedrig)
- s.c. 120 mg ca. alle 4 Wochen (Xgeva®) (hoch)

Einnahme (seit wann läuft die Therapie?) - < 3 Jahre (niedrig)
- > 3 Jahre (mittel)

Risikofaktor Zustand nach Strahlentherapie/ Chemotherapie

Nach einer Strahlentherapie im Kopfbereich ist eine dauerhafte Schädigung der regenerativen Zellen, die an der Osseointegration von Implantaten beteiligt sind, möglich. Nach Chemotherapie können sich diese Zellen vollständig erholen. Wenn sich nach einer konsiliarischen Befragung von Radiologen bzw. Onkologen keine Bedenken ergeben, ist eine Operation mit geringen Risiken möglich.

Kontraindikation nicht abgeschlossenes Kieferwachstum

Ist das Kieferwachstum nicht abgeschlossen, zum Beispiel durch eine Nichtanlage oder bei Kindern und Jugendlichen unter 18 bis 21 Jahren, sollte keine Setzung eines Zahnimplatats erfolgen. Implantate wachsen nämlich nicht mit und können kieferorthopädisch nicht bewegt werden. Also: Bei Kindern und jungen Erwachsenen unter 21 Jahren erfolgt grundsätzlich keine Setzung eines Implantats, weil das Wachstum noch nicht abgeschlossen ist.

Risikofaktor Herzinfarkt, Schlaganfall oder Klappenprothesenoperation

Hier erfolgt immer eine Absprache mit Ihrem behandelnden Arzt. Es gilt der Grundsatz: „Herz vor Zahn“. In der akuten Phase zwei bis sechs Monate nach einem Infarkt wird meist nicht implantiert. Danach ist das Setzen eines Implantats in der Regel möglich.

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